Vjekoslav Perica und Mitja Velikonja – Das himmlische Jugoslawien. Interaktionen zwischen politischen Mythologien und der Pop-Kultur 2012.

perica_nebeska_yuVjekoslav Perica und Mitja Velikonja – Das himmlische Jugoslawien. Interaktionen zwischen politischen Mythologien und der Pop-Kultur 2012

Vjekoslav Perica (1955) ist in Split geboren, wo er ein klassisches Gymnasium besuchte und Jura studierte. Vor dem Krieg verfasste er für die Wochenzeitung „Nedjeljna Dalmacija (1988-1991) regelmäßig eine Kolumne „Glaube und Politik”. In den USA promovierte Perica an der Twin Cities University in Geschichte. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter war er am Institute of Peace und im Internationalen Woodrow Wilson Institute tätig. Lehraufträge an verschiedenen us-amerikanischen Hochschulen (Minnesota, Utah, South Illinois etc.). 2007 war er Fulbright Stipendiat in Belgrad. Vjekoslav Perica hat vor allem zu Kirche und Politik auf dem Balkan publiziert. In englischer Sprache wurde seine Arbeit Balkan Idols. Religion and Nationalism in Yugoslav States veröffentlicht. Seit 2008 ist Perica Professor an der Philosophischen Fakultät der Universität Rijeka.

 

Mitja Velikonja (1965) ist ordentlicher Professor für Cultural Studies und Leiter des Cultural-Research Centers an der gesellschaftwissenschaftlichen Fakultät der Universität in Ljubljana. Velikonja war Gastprofessor an der Universität Krakau (2002 und 2003), an der Columbia University in New York (2009), sowie visiting fellow am Rosemont College in Philadelphia (2004/2005). In der Bibliothek des „Zwanzigsten Jahrhunderts” wurden bisher folgende Bücher veröffentlicht: Evroza. Kritika novog evrocentrizma (2007) i Titostalgija (2010).

Das neue Buch entstand während eines Studienaufenthalts des Autors am Netherlands Institute for Advanced Study in the Humanities and Social Sciences in Wassenaar 2012.

 

Aus dem Vorwort:

Unser gemeinsames Buch ist im Kontext des Projektes The Real and the Imaginary in the Con­temporary Balkans entstanden, an dem gemeinsam sechs WissenschaftlerInnen aus verschiedenen Teilen des ehemaligen Jugoslawien zusammenarbeiteten. Letztlich kreisten viele Diskussionen um das Thema The Troubled Region’s Quest for Justice and Identity. Während der Arbeit an diesem Band und den Diskussionen die ich dazu führte – etwa bei einer Tagung in Graz – fiel mir auf, was letztlich ein offenes Geheimnis ist, dass Jugoslawien im Grunde niemals untergangen ist, oder gestorben sei, wie es viele Titel vom Ende oder Tod Jugoslawiens nahelegen. Aber da es im ex-jugoslawischen Raum verboten ist, darüber zu sprechen (oder weil den Deutschen die jugoslawischen Partisanen so viel Angst eingejagt haben, und erstere nun Angst vor einer Wiederkehr haben), berichtete umgehend die FAZ darüber.

Ich  möchte damit sagen, dass anstelle irgendeines „Todes”, wir es – wenn es sich um Nationen handelt – vielmehr mit einem langwierigen Prozess von Umbrüchen zu tun haben. In den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien, nimmt dieser Staat, obwohl „lebendig begraben” weiterhin an den Veränderungen in der Gesellschaft und in den Köpfen der Menschen teil. Dagegen versuchen die postjugoslawischen Schöpfungen mühsam zu legitimen Nationen zu werden, wie es ihre Vorgängerin im Goldenen Zeitalter von den 1950er bis zu den 1970er Jahren war. Ich bin auch noch weiter gegangen bei diesem Vortrag, damit dass ich behauptete, dass es keine Chance gäbe, dass die angeblich tote SFRJ jemals stirbt. In der Zwischenzeit hat sich um dieses Land eine veritable Mythologie konstruiert, die in einigen Elementen vom Strickmuster der heroisch-viktimisierenden Matrix der Kosovomythologie geprägt ist, insbesondere jener des „himmlischen Serbien” was eine gewisse Form von Unsterblichkeit garantiert.

Das „himmlische Jugoslawien” erscheint als Herausforderung eigener Art und Alternative gegenüber der serbisch nationalen Mythologie: der serbische Nationalismus hat in der Zwischenzeit entdeckt, dass jedes Jugoslawien eine Negation Serbiens bedeutete und stimmte darin teilweise mit seinem kroatischen Rivalen überein, der als Haupt-Feind Serbien und Jugoslawien kennzeichnete und zwischen beiden ein Gleichheitszeichen zog.

Dieses Buch besteht aus drei längeren Essays für die jeweils der zeichnende Autor die Verantwortung trägt. Doch wir haben in deren Erarbeitung gemeinsam gewirkt und sie haben alle drei schließlich unseren „säkularen Segen” erhalten. Daher verstehen wir diese Texte als Ganzheit, die wir den Lesern und deren „rücksichtsloser Kritik alles Bestehenden” anheim stellen.